Greifswald, 06. März 2025
Am 27. Februar 2025 hat die AfD-Fraktion eine Kleine Anfrage (LT-Drs. 8/4639) an die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns gestellt, in der sie sechs Fragen zur Förderung gemeinnütziger Organisationen stellt. Am gleichen Tag wurde eine ähnliche Kleine Anfrage (LT-Drs. 8/4643) durch die CDU-Fraktion gestellt, in der ebenfalls eine Auflistung der durch Landesmittel geförderten, gemeinnützigen Vereine erbeten wird, u.a. die Vereine, die Kulturförderung des Landes erhalten, abzielend auf die Frage „ob staatlich finanzierte Organisationen auf Landesebene ihrer Verpflichtung zur politischen Neutralität nachkommen“. Die dritte Kleine Anfrage (LT-Drs. 8/4650) in diesem Kontext, gestellt durch die AfD-Fraktion am 3. März 2025, wurde noch konkreter, nennt eine Vielzahl an Vereinen und Initiativen im Land, auch den Landesverband Soziokultur MV und hinterfragt nicht nur die Wirksamkeit der geförderten Projekte, sondern auch ihre Gemeinnützigkeit, ihre Beteiligung im Vorfeld der Bundestagswahl und den „Zusammenhang mit parteipolitischer Meinungsbildung“. Damit folgen diese Anfragen an die MV-Landesregierung einer Kleinen Anfrage der CDU/CSU-Fraktion auf Bundesebene (BT-Drs.20/15053), in der mit 551 Fragen detailliert um Auskunft zu und Bewertung von 17 zivilgesellschaftlichen Organisationen gebeten wurde.
Der Landesverband Soziokultur MV begrüßt das breite Interesse an den außerparlamentarischen zivilgesellschaftlichen Strukturen unseres Landes, das die Landtagsabgeordneten durch ihre Kleinen Anfragen bekunden und trägt gern zur Beantwortung der Fragen bei. Mit Befremden stellt er jedoch fest, dass die Kleinen Anfragen der AfD und der CDU vom 27.02.2025 bereits in ihren Einleitungssätzen deren mutmaßliches Ergebnis suggerieren. So heißt es in der AfD-Anfrage: „Immer mehr Berichte decken auf, dass angeblich gemeinnützige Organisationen mit Steuergeld gefördert werden, während sie sich gleichzeitig aktiv in parteipolitische Debatten einmischen oder sogar offen Wahlkampf für bestimmte Parteien betreiben.“ Und die CDU führt aus: „Die Frage nach der politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen sorgt zusehends für Debatten. Hintergrund sind Proteste gegen die CDU Deutschlands, die teils von gemeinnützigen Vereinen oder staatlich finanzierten Organisationen organisiert oder unterstützt wurden.“
Der Landesverband Soziokultur MV vertritt mit über 50 Mitgliedsvereinen ganz wesentlich die kulturelle Grundversorgung in unserem Land. Soziokultur schafft stets und seit jeher Räume für Begegnung und Austausch, bringt unterschiedlichste Bevölkerungsgruppen zusammen und leistet so einen entscheidenden Beitrag zum gesellschaftlichen Miteinander. Unsere Arbeit ist parteipolitisch neutral und zugleich wertebasiert, denn sie fußt auf den Werten des Grundgesetzes, macht sie erlebbar und verteidigt diese aktiv. Dementsprechend führt der Landesverband auch keine Veranstaltung gegen demokratische Parteien durch – und ihm ist auch keine einzige durch seine Mitglieder durchgeführte Veranstaltung in diesem Kontext bekannt – aber zahlreiche für Demokratie, für Vielfalt und für Toleranz. In diesen Veranstaltungen beweisen die soziokulturellen Einrichtungen einmal mehr, dass es ihnen gelingt, spontan die Sorgen und Ängste der Bürgerinnen und Bürger ernst- und aufzunehmen und Plattformen für den Austausch darüber zu schaffen.
Der lebendige Diskurs, den Kunst und Kultur ermöglichen, ist für eine demokratische Gesellschaft unverzichtbar. Ebenso wichtig und schützenswert ist das große zivilgesellschaftliche Engagement von deutschlandweit fast 30 Millionen Bürgerinnen und Bürgern, das das lebendige Fundament unserer Gesellschaft bildet. Nicht nur, aber auch in Kulturvereinen gestalten Menschen in den verschiedensten Organisationen unser Land mit und übernehmen Verantwortung im Haupt- und Ehrenamt. Daher können wir uns dem Wunsch des Deutschen Stiftungsverbandes nur anschließen:
„Nach dem Ende eines polarisierenden Wahlkampfs appellieren wir an alle demokratischen Parteien, zu einem sachorientierten, respektvollen Umgang mit zivilgesellschaftlichen Organisationen zurückzukehren, auch wenn deren Stimme mitunter unbequem sein mag. Nur in einem Schulterschluss können wir die drängenden Zukunftsaufgaben unseres Landes meistern.“ (Stellungnahme zur Kleinen Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „Politische Neutralität staatlich geförderter Organisationen“, Bundesverband Deutscher Stiftungen, 27.02.2025)
Kontakt für Nachfragen:
Landesverband Soziokultur MV e.V. | Lange Straße 49 | 17489 Greifswald
Johanna Treppmann, Fachstelle Soziokultur MV| fachstelle@lv-soziokultur-mv.de| Mobil: 0152 09160923
Vorstand: Imke Freiberg | i.freiberg@greifswald.de und Ronald Richardt | r.richardt@kornhaus-doberan.de